Dem Internet droht die vollständige Kontrolle

Datenschützer: "Anschlag auf das Recht auf unbeobachtete Kommunikation"

Am Freitag stimmt der Bundesrat über einen im Rechtsausschuss bereits mehrheitlich angenommenen Vorschlag ab, die Internet- und Telekommunikations-Provider zur zwangsweisen Vorratsspeicherung sämtlicher Daten ihrer Kunden zu verpflichten. Damit drohe eine nahezu vollständige Aushebelung des Datenschutzes für Internet und Telekommunikation, warnt das "Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein".

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Es würde sich bei der Initiative um eine Systemveränderung von gravierendem Ausmaß handeln, zumal ausdrücklich die "Vorratsspeicherung" mit einbezogen wäre, d.h., es würden alle Daten auch ohne jeglichen Grund gespeichert werden und somit eine ständige Überwachung der Nutzer möglich werden. "In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht die 'Vorratsspeicherung' seit fast 20 Jahren als Synonym für eine verfassungswidrige staatliche Sammelwut, bei der Daten, die vielleicht irgendeinmal für staatliche Zwecke nützlich sein könnten, gespeichert werden."

Der Gesetzentwurf kommt aus den Unions-regierten Ländern Bayern und Thüringen, die nach der Wahl in Sachsen-Anhalt über eine Mehrheit im Bundesrat verfügen, so dass eine Zustimmung des Bundesrates recht wahrscheinlich wird.

"Nachdem bereits mehrere Vorstöße im Bundesrat, Mindestspeicherfristen für Internet und Telekommunikation einzuführen, gescheitert waren (zuletzt im März 2002), gehen die Saboteure am Grundrecht auf unbeobachtete Kommunikation nun aufs Ganze: Nicht nur zur Strafverfolgung, sondern für die Erfüllung sämtlicher Aufgaben von Polizei, Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst, Militärischem Abschirmdienst und Zollkriminalamt sollen die ins Blaue hinein gesammelten Verbindungs-, Nutzungs-, Bestands- und Abrechnungsdaten von Millionen rechtstreuer Bürger genutzt werden können", so die Kritik der Datenschützer. Wie lange die Provider die Daten speichern müssen und unter welchen Voraussetzungen die Sicherheitsbehörden Zugriff auf diesen riesigen Datenbestand nehmen dürfen, soll nicht der Gesetzgeber, sondern die Exekutive per Rechtsverordnung festlegen. "Dies allein verstößt gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz, wonach die wesentlichen Entscheidungen über Grundrechtseingriffe dem Parlament vorbehalten sind."

Bislang dürfen nur die für die Abwicklung und Abrechnung der Nutzung erforderlichen Daten gespeichert werden. Nun sollen aber z.B. alle Aktivitäten der Internet-Nutzer von Seiten der Provider aufgezeichnet werden - neben Zeit und Dauer der Einwahl also auch die abgerufenen Seiten. "Wer plant, jeden Klick im Internet, jede E-Mail, jede Pager-Nachricht und jede SMS aufzuzeichnen und durch Polizei und Geheimdienste auswerten zu lassen, der legt das Fundament für eine Gedankenpolizei", kommentiert das Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein.

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D J S 11. Dez 2003

Jetzt gehts los! ..oder doch nicht? Weiss einer mehr?

puschelkopf 04. Jun 2003

Dass es soweit geht, hätte ich nicht gedacht. Ich bin bisher immer von 1bit/2Byte...

Andreas 04. Jun 2002

Der Entwurf kam übrigens aus Niedersachsen. Und entgegen anderer Meldungen hat der...

Ich 03. Jun 2002

Veröffentlichungen sind doch was schönes!!! Ich verstehe gar nicht warum man sich da so...



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