Test: HandEra 330 - PalmOS-Konkurrenz um Funktionen voraus

Die in Silber gehaltene Metall-Front des Gehäuses verleiht dem HandEra 330 einen eigenwilligen Charakter und lässt die Palm-III-Abstammung vergessen. Auf der in Schwarz gehaltenen Rückwand befindet sich ein großes Reset-Loch, das man bequem mit der Stiftspitze im Falle eines Absturzes auslösen kann und damit das Freischrauben des Reset-Pins im Stift umgeht. Warum der ebenfalls auf der Rückseite befindliche Stift-Kanal größtenteils offen liegt und das Gerät dadurch bei Linkshändern unbequem in der Hand liegt, bleibt wohl HandEras Geheimnis.
Das Graffiti-Feld ist beim HandEra 330 erstmals nicht fest ins Display integriert, sondern wird per Software in den Bildschirm eingeblendet. Wird das Feld nicht benötigt, vergrößert sich so der sichtbare Bildschirmbereich deutlich. Im ausgeblendeten Zustand bleibt vom Graffiti-Feld noch eine schmale Leiste am unteren Bildrand übrig, über die man weiterhin das "Häuschen-Symbol" und das Menü-Icon erreicht, so dass das Gerät gut bedienbar bleibt.
Durch die Verwendung eines Soft-Graffiti-Feldes reagiert dieses auf Eingaben mit Rückmeldungen: Man sieht, was man ins Graffiti-Feld schreibt und erleichtert so das Erlernen der Palm-spezifischen Graffiti-Schrift. Zudem erhält man quasi als Bonus einen hintergrundbeleuchteten Graffiti-Bereich, um das Gerät auch bei totaler Finsternis leicht bedienen zu können. Dies bietet ansonsten nur das neue Palm-Modell m505 .
Als weitere Besonderheit in der PalmOS-Welt besitzt der HandEra 330 ein hochauflösendes Display mit maximal 240 x 320 Pixeln, wo sonst nur 160 x 160 Bildpunkte üblich sind. Das kontrastreiche Display macht dabei eine sehr gute Figur und ist bei jedem Umgebungslicht gut lesbar.
Um die höhere Display-Auflösung auszunutzen, skaliert HandEra die Standard-Auflösung von 160 x 160 Bildpunkten auf 240 x 240 Pixel hoch, was den meisten Applikationen keine Probleme bereitet. Zu leichten Darstellungsfehlern kommt es, wenn spezielle Icons verwendet werden, wie etwa in dem populären erweiterten Terminkalender Datebk 4(öffnet im neuen Fenster) von Pimlico-Software, was aber die Funktion der Software nicht einschränkt. Im Test fand sich ansonsten nur eine Software, die mit der höheren Display-Auflösung nicht zurechtkam: die Grafikapplikation PhotoSuite Mobile Edition von MGI. Bei solchen Problemkindern helfen aber von HandEra implementierte Optionen in den PalmOS-Einstellungen: Hier kann man festlegen, dass derartige Applikationen immer in der Original-Auflösung ausgeführt werden. Da dann nur ein sehr kleines Programmfenster erscheint, stellt das nur eine Notlösung dar und man sollte die entsprechenden Programmierer um Nachbesserung bitten.
Damit Applikationen die maximale Auflösung von 240 x 320 Bildpunkten bei ausgeblendetem Graffiti-Bereich verwenden können, müssen die Applikationen von den Software-Herstellern angepasst werden. Dies ist bei einigen Applikationen wie etwa WordSmith und QuickOffice(öffnet im neuen Fenster) bereits geschehen und wurde von weiteren Herstellern angekündigt. Alle Standard-PalmOS-Applikationen wie Kalender, Aufgabenliste, Adressmanager und Merkzettel nutzen bereits die maximale Bildschirmauflösung, was man besonders im Kalender schnell zu schätzen lernt.
Auch in Bezug auf die Erweiterungsmöglichkeit hebt sich der HandEra 330 mit den zwei Slots zur Aufnahme von Erweiterungskarten von der übrigen PalmOS-Konkurrenz ab: Er nimmt wie sein Vorgänger TRG Pro CompactFlash-Karten vom Typ I oder II auf, versteht sich aber auch mit den von Palm neuerdings verwendeten SD- und dazu kompatiblen MultiMedia-Cards. Wie schon sein Vorgänger versteht sich das 8-MByte-Gerät auch mit dem Microdrive von IBM und kann auch mobil auf bis zu 1 GByte Daten zugreifen. Da das Microdrive verglichen mit Speicherkarten viel Strom verbraucht, verpasste HandEra dem PDA vier statt der üblichen zwei Batterien, was das Gesamtgewicht nur unmerklich auf knapp 170 Gramm erhöht. Außer mit Speicherkarten versteht sich der HandEra 330 aber auch mit Modems, Netzwerkkarten und Barcode-Lesern. Im Internet befindet sich eine komplette Liste(öffnet im neuen Fenster) mit allen unterstützten CompactFlash-Karten.
Der HandEra ist zur Verwendung der Speicherkarten mit einem Backup-Programm und einem Dateimanager namens CardPro ausgestattet. CardPro überträgt Dateien vom Arbeitsspeicher auf eine Erweiterungskarte oder zurück und kann Dateien auch zwischen den beiden Kartentypen hin und her kopieren. Da im HandEra noch ein PalmOS der Version 3.5.2 werkelt, muss man Speicherkarten-Applikationen vor der Ausführung erst per Hand in den Arbeitsspeicher kopieren.
Um das zu umgehen, arbeitet HandEra derzeit an einem Tool, das Programme auch direkt von einer Speicherkarte startet. Wie beim PalmOS 4.0 werden solche Applikationen dann automatisch in den noch freien Arbeitsspeicher kopiert und nach der Programmausführung aus dem RAM entfernt. Derzeit befindet sich das Tool AutoCard 2.0 noch in der Beta-Phase und soll demnächst für den HandEra 330 kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Um die Wartezeit bis zur Veröffentlichung zu überbrücken, kann man das Vorgänger-Programm AutoCF(öffnet im neuen Fenster) einsetzen, das jedoch nur Speicherkarten vom Format CompactFlash kennt. Aus unerfindlichen Gründen will HandEra das fertige AutoCard 2.0 zukünftigen Geräten nicht beilegen, sondern das Programm nur über die Homepage zum Download anbieten.
Schon die Beta 2 von AutoCard 2.0 begeistert: Das Tool bindet Applikationen von allen Speicherkarten-Typen direkt in den Programmstarter von PalmOS ein und lässt vergessen, dass sich diese Programme auf einer Speicherkarte befinden. Sie lassen sich wie gewohnt in den Kategorien im Programmstarter ablegen und werden auf Wunsch zur Identifizierung mit einem Punkt im Dateinamen versehen. Damit übertrumpft die HandEra-Lösung das Verfahren von PalmOS 4.0 an Komfort um Längen, wo man die Speicherkarten-Programme nur in einer speziellen Kategorie vorfindet. AutoCard 2.0 lässt einem sogar die Wahl, aus welchem Verzeichnis auf der Speicherkarte die Applikationen eingebunden werden sollen, wobei Unterverzeichnisse generell ignoriert werden. Das PalmOS 4.0 im m500 und m505 sucht hingegen immer nur im Verzeichnis \Palm\Launcher nach Programmen.
Lässt man diesen Knopf hingegen länger gedrückt, startet ein VoiceRecorder für Sprachnotizen, welche in Palm-spezifischen WAV-Dateien entweder im Arbeitsspeicher oder direkt auf einer Speicherkarte abgelegt werden. Eine Tondatei mit einer Minute Länge belegt rund 475 KByte Speicher, die man mit dem über dem HandEra-Logo befindlichen Mikrofon aufzeichnet. Während der Aufzeichnung schaltet die Software zur Batterieschonung eine aktivierte Hintergrundbeleuchtung immer aus, die mit dem Aufnahmeende aber wieder anspringt. Leider ist den HandEra-Ingenieuren hier ein grober Design-Fehler unterlaufen: Bei geschlossenem Deckel kann man den Knopf für die Sprachaufzeichnung nicht erreichen, so dass dieser erst geöffnet oder abgenommen werden muss.
HandEra verpasste seinem Neuling zudem einen stillen Alarm, der zur Signalisierung eines Termins die gut sichtbare LED blinken lässt, ähnlich wie man es schon vom Visor Edge , Palm m500 oder m505 kennt. Aber anders als bei den Palm-Modellen blinkt die LED nach Ablauf des Alarms stetig weiter, so dass ein Blick auf das Gerät genügt, um einen Termin zu bemerken. Leider gilt auch beim HandEra der stille Alarm nur global und kann nicht einzelnen Kalendereinträgen zugeordnet werden. Wer es lieber laut haben will, kommt mit dem HandEra 330 voll auf seine Kosten: Er tönt genauso kräftig wie der Visor Edge .
Bei der Verwendung des optional erhältlichen Lithium-Ionen-Akku-Packs dient die LED zudem zur Anzeige des Ladezustands. Der Akku-Pack findet im Batteriefach Platz und soll das Gerätegewicht auf 153 Gramm reduzieren. Ein Lade-Netzteil lässt sich sowohl an die mitgelieferte Dockingstation als auch direkt an den PDA anschließen, um den Akku auch unterwegs bequem aufladen zu können. Alternativ lassen sich natürlich weiterhin Batterien verwenden. HandEra will den Akku-Pack noch in diesem Sommer auf den Markt bringen, kann aber noch keinen Preis nennen.
Die derzeit nur in Englisch erhältlichen Geräte sollen sich auch nachträglich mit einer deutschsprachigen Betriebssystem-Version ausstatten lassen, indem das 2 MByte große Flash-ROM zur Aktualisierung genutzt wird. Allerdings kann das noch einige Zeit dauern, weil HandEra nur das neue PalmOS 4.0 entsprechend anpassen wird und derzeit nicht mal die englische Version davon fertig ist.
Fazit:
In Bezug auf Komfort und Erweiterungsmöglichkeiten setzt sich der HandEra 330 unangefochten an die Spitze aller PalmOS-PDAs. Auch in Bezug auf Geschwindigkeit braucht er sich dank des 33 MHz schnellen Dragonball-Prozessors nicht vor der Konkurrenz zu verstecken. Er hebt sich mit vielen sinnvollen Funktionen deutlich von anderen PalmOS-PDAs ab: Die Vorzüge eines ausblendbaren Graffiti-Feldes will man bald ebenso wenig missen wie das Jog-Dial und den darüber angebrachten Multi-Funktionsknopf.
Dass HandEra auch beim aktuellen Modell der Palm-III-Schnittstelle treu geblieben ist, dürfte nicht nur potenzielle Umsteiger freuen: Auch Erstkunden profitieren davon, weil so bereits zur Markteinführung eine große Auswahl an Zubehör für den HandEra 330 verfügbar ist.
Die PalmOS-Gemeinde hofft nun darauf, dass irgendwann ein Gerät mit dieser Ausstattung und einem ordentlichen Farb-Display auf dem Markt erscheint.



