Optisch hervorragendes, aber auch hardwarehungriges Rollenspiel. Was lange währt wird endlich gut? Drei Jahre haben sich die Bochumer Entwickler von Piranha Bytes Zeit gelassen, um Gothic fertig zu stellen - Sorgfalt, die sich jetzt auszahlt.
Dabei schien es zuletzt ja beinahe so, als ob das Fantasy-Spektakel die hohen Erwartungen nicht würde erfüllen können. Nachdem der Titel zunächst mit Vorschusslorbeeren geradezu überschüttet wurde, kamen auf Grund der zahlreichen Verzögerungen doch Zweifel an der Qualität des Programms auf. Zu unrecht, wie sich nun herausstellt.
Die Hintergrundgeschichte erzählt die alte Story von guten Menschen und bösen Orks, weiß aber auch mit einer recht kreativen Idee aufzuwarten: Die Welt von Gothic wird von einer riesigen Kuppel umgeben, in die man zwar von außen problemlos hineingelangt, die sich danach aber nicht mehr verlassen lässt. Als Spieler findet man sich zu Beginn als ahnungsloses Opfer in diesem von Magie beeinflussten Gefängnis wieder und muss nun zunächst einmal Anschluss an eine der Siedlungen finden, um sich mit Verbündeten zu umgeben und die nötigen Informationen zu sammeln.
Der Spielercharakter wird dabei aus der Rückenansicht gesteuert, was aus ähnlichen Action-Spielen wie Rune bekannt ist. Mit dem Schwert und anderen schweren Waffen geht es auf Gegnerhatz, allerdings funktioniert die Steuerung etwas umständlicher als man es von vielen Action-Titeln gewohnt ist: Per Maus wird der Gegner anvisiert, per Cursor-Tasten schlägt man zu. Auch sonst lässt die Steuerung einiges an Komfort vermissen und arbeitet öfters ein wenig ungenau.
Ebenfalls störend sind die oft äußerst langen Ladezeiten, vor allem beim Aufrufen eines alten Spielstandes muss man unverhältnismäßig lange warten. Ansonsten gibt Gothic aber kaum Grund zur Kritik, vor allem die Schaffung einer virtuellen Realität ist den Entwicklern hervorragend gelungen: Die Welt von Gothic pulsiert und lebt an allen Ecken und Enden, Dorfbewohner gehen ihren Tätigkeiten nach, wilde Tiere streunen durch die weiten Landschaften, der Tag- und Nachtrhythmus wirkt sich realistisch auf das Verhalten aller Bewohner der Welt aus.
Zudem ist auch das Gameplay äußerst fordernd, denn der anfangs nur mit recht mageren Fähigkeiten gesegnete Recke will natürlich zum Vollbluthelden ausgebildet werden. Das Meucheln von Feinden sowie die Erfüllung kleiner Aufträge, die einem im Spielverlauf ständig aufgetragen werden, bringen Erfahrungspunkte ein, die sich zur Verbesserung der Waffenführung, aber auch zum Entwickeln magischer Kräfte oder von Fähigkeiten wie Schleichen einsetzen lassen.
In all dem erinnert Gothic stark an Ultima 9, aber wo beim letzten Origin-Spiel die Meinungen noch durchaus auseinander gingen, herrscht beim Spiel von Piranha Bytes fast einhellige Begeisterung, denn auch grafisch ist der Titel eine Klasse für sich. Wunderbar ausgeleuchtete und vor Details strotzende Dörfer und Felder, gut animierte Charaktere und viele kleinere Effekte haben allerdings auch einen Nachteil: Wer auch in hohen Auflösungen flüssig spielen will, sollte schon mal den Kauf eines Gigahertz-Rechners samt GeForce 2 einplanen.
Fazit Einmal abgesehen von den Mängeln bei der Benutzerführung kombiniert Gothic die besten Elemente aus Action-, Rollenspiel und Adventure so gut wie schon lange kein anderer Titel mehr. Wer über einen leistungsfähigen Rechner - und viel Zeit - verfügt, sollte sich die faszinierende Welt von Gothic nicht entgehen lassen.