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Forrester: Top-500-Unternehmen müssen Strukturen verändern

Erfolg im E-Business nur bei Trennung von liebgewonnenen Organisationsstrukturen. Wer im E-Business erfolgreich sein will, muss sich laut der neuen Forrester-Research-Studie "Speeding Up The Global 500" von liebgewonnenen Organisationsstrukturen trennen. Diese könnten Erfolge im E-Business verhindern, weil sie angestrebten Zielen im Wege stünden und rasche Veränderungen nicht zulassen würden.
/ Christian Klaß
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Aus diesem Grund empfehle sich eine radikale Reorganisation der Unternehmensstrukturen. Das Ziel sind kurze Lebenszyklen, so Forrester. Das Marktforschungsunternehmen definiert einen Zyklus als die Zeitspanne, die ein Geschäftsbereich benötigt, um sein Endprodukt komplett zu verändern. Auf diese Weise werde aus einem schwerfälligen Unternehmen ein Netzwerk autonomer Geschäftseinheiten mit unterschiedlich langen Lebenszyklen.

"Wenn die 'Global 500' das Internet nur dazu nutzen, um ihre externen Geschäftsbeziehungen besser zu kontrollieren, dabei aber ihre interne Struktur unverändert lassen, werden sich Geschwindigkeit und Flexibilität nicht verbessern" , ist Jaap Favier, Senior Analyst bei Forrester, überzeugt.

Wenn Kauf und Verkauf über elektronische Marktplätze bis zum Jahr 2004 bis zu 30 Prozent der Geschäftsprozesse bei den "Global 500" ausmachen sollen, kann das derzeitige Geschäftsmodell eines einzigen E-Commerce-Standbeins dem Druck innerhalb der einzelnen Unternehmen nicht standhalten und die unternehmensinterne Technologie und die verschiedensten Prozesse nicht unterstützen, prophezeit Forrester.

Da der Druck von außen auf die einzelnen Abteilungen zunehmen werde, führe das dazu, dass die Einzelabteilungen ihrerseits von anderen Abteilungen Informationen in Echtzeit verlangen werden, um Entscheidungen unverzüglich treffen zu können. Die heutigen Großunternehmen sind der Studie zufolge aber nicht in der Lage, ihren Mitarbeitern diese Art der Unterstützung zukommen zu lassen. Entscheidungen würden nur schleppend gefällt und ebenso langsam vollzogen. Informationen würden nicht allen Mitarbeitern zugänglich gemacht.

Um die Bedürfnisse von Kunden und Zulieferern ohne Verzögerungen zu erfüllen, müssten Unternehmen sich zu E-Business-Netzwerken (EBN) wandeln. Deren neue Struktur versteht Forrester als "Außenhülle für einzelne Geschäftsprozesse mit unterschiedlich langen Lebenszyklen" . Das explosive Wachstum elektronischer Marktplätze und der Trend zum Auslagern von Aktivitäten mit langen Zyklen, wie etwa der Fertigung, erzwinge zudem die Umstellung auf kurze Zyklen, was die Gesamtprofitabilität eines Unternehmens verändere und die Bindung zu den Kunden vertiefe.

Ähnlich wie Investmentbanken und Fluggesellschaften, die ihre Produkte seit Jahrzehnten über elektronische Marktplätze vertreiben, müssen auch Unternehmen aus anderen Branchen einzelne Prozesse in einzelne Geschäftseinheiten aufspalten, rät Forrester. Die Geschäftseinheiten haben innerhalb eines EBN eine bestimmte organisatorische Rolle und eine bestimmte Lebensdauer. Diese Vorgaben versetzen somit jeden einzelnen Manager in die Lage, seine Entscheidungen in einem angemessenen Zeitrahmen zu treffen. Auf diese Weise soll jede EBN-Einheit in ihrem spezifischen Markt wettbewerbsfähiger werden und die geeigneten Partner für das Online- und das Offline-Geschäft finden, sich eigene Informationsquellen schaffen und so zum Allgemeinwohl des Gesamtunternehmens beitragen.

Weil die Materie so komplex ist - Berichtswesen, Personal, Rechnungswesen und Steuerung sind von einer Neuorganisation betroffen - empfehle sich die schrittweise Annäherung an die neue Organisationsform. Sinnvollerweise sollte der Anfang mit den nach außen orientierten Bereichen mit kurzen Lebenszyklen gemacht werden. Auf diese Weise ließen sich Lücken in der Zusammenarbeit mit Kunden und Zulieferunternehmen schließen. Nach und nach sollten dann von außen nach innen die mittleren und abschließend die langfristigen Zyklen in Angriff genommen werden, lautet die Empfehlung des Forrester-Analysten.

"Die Unternehmen müssen zunächst die Bereiche mit kurzlebigen Zyklen ausfindig machen, indem sie jede Branche, mit der die Abteilung als Käufer oder Verkäufer in Kontakt steht, untersucht. Dann sollte für jeden einzelnen identifizierten Bereich eine eigene Einheit gegründet werden, die sich um die jeweiligen vertikalen Branchen kümmert" , erläutert Favier. Im nächsten Schritt sollten die Unternehmen mittlere und lange Lebenszyklen aufbrechen. Zu guter Letzt müssten die Unternehmen ein neues Berichtswesen zulassen. Dazu müsse jede einzelne EBN-Einheit ihren eigenen Vorstand mit entsprechenden Führungskräften erhalten. Die Führungskräfte sollten aus dem Unternehmen stammen und die Märkte kennen, die sie betreuen werden. Sind erst einmal alle Einheiten gebildet, sollten diese unverzüglich mit dem Austausch von Produkten, Dienstleistungen und Informationen untereinander beginnen, so Forrester.

"Mit welcher Geschwindigkeit ein Unternehmen diese drei Schritte vollzieht, hängt zum einen davon ab, wie stark der Druck von Kunden und Zulieferern nach Veränderungen ist. Zum anderen kommt es auch darauf an, ob interne Hemmschwellen vorhanden sind wie die Ablehnung der Veränderungen durch das Personal. Ein Unternehmen mit einer flachen Hierarchie wie etwa Vivendi könnte die ersten beiden Schritte in einem Jahr abwickeln. Konzerne wie Shell oder E.ON mit komplexen Matrixstrukturen und zahlreichen vertikalen Ebenen müssen die Veränderungen in spätestens zwei Jahren hinter sich gebracht haben, sonst sind sie die - vom Aussterben bedrohten - Dinosaurier inmitten ihrer sich konsolidierenden Branchen" , warnt der Forrester-Analyst.

Für die jüngste Studie über die organisatorischen Aspekte des E-Business hat Forrester persönliche Gespräche mit 20 Topmanagern von Unternehmen geführt, die zu den "Global 500" aus Europa gehören. Ihr durchschnittlicher Jahresumsatz liegt bei 50 Milliarden Euro, alle sind im weltweiten Online- und Offline-Wettbewerb mit mehreren Marken vertreten.


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